Keine Gruppe ist im Straßenverkehr so gefährdet wie die „Jungen Fahrer“: Junge Erwachsene sind einem doppelt so hohen Unfallrisiko ausgesetzt, verletzt oder getötet zu werden, wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Ganz besonders gefährdet sind junge Männer. Ein Überblick.
18- bis 24-Jährige im Straßenverkehr – Die sieben risikoreichsten Jahre
50.210 Männer und Frauen zwischen 18 und 24 Jahren kamen 2020 in Deutschland im Verkehr zu Schaden, 326 davon tödlich. 2019 waren es noch 59.747 Verunfallte, der Lockdown hat auch hier einen signifikanten Rückgang der Unfälle bewirkt. 15,5 Prozent aller Verletzten und 12,0 Prozent aller Getöteten im Straßenverkehr gehörten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zur Gruppe der 18- bis 24-Jährigen, obwohl nur jeder 13. der Gesamtbevölkerung (7,5 Prozent) dazu zählte. In die Statistik fließen nur die Unfälle ein, bei denen die Polizei hinzugezogen wurde.
Mit Eintritt der Motorisierung steigt die Zahl der Verunglückten sprunghaft an: Erst mit 16, wenn Jugendliche erstmals motorisiert am Verkehrsgeschehen teilnehmen, dann mit 18, wenn sie allein mit dem Pkw unterwegs sind. Ab Anfang 20 sinkt die Unfallhäufigkeit langsam wieder.
Noch dramatischer steigt die Zahl der im Straßenverkehr tödlich Verunglückten.
Auf 100.000 Einwohner verunglückten in der Gesamtbevölkerung 397 Verkehrsteilnehmer. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen waren es 802, mehr als doppelt so viele. Je 1 Mio. Einwohner wurden 52 junge Erwachsene im Straßenverkehr getötet; bei der Gesamtbevölkerung kamen 33 Getötete auf 1 Mio. Einwohner.
Langfristige Entwicklung
Langfristig gehen auch bei jungen Menschen die Unfallzahlen kontinuierlich zurück, wie ein Blick auf die Statistik zeigt. 1991 waren es sogar 134.764 verunglückte junge Erwachsene.
2020 kam 326 junge Menschen im Straßenverkehr ums Leben, 2001 waren es fast fünfmal so viele (1.606). Im Jahre 1991 gab es in dieser Altersgruppe sogar 2.749 Verkehrstote.
Unfallgeschehen im Wochen- und Tagesverlauf
Abstand die meisten getöteten jungen Fahrer werden normalerweise am Wochenende gezählt. Auch hier weichen die Daten für 2020 deutlich ab. In den letzten Jahren kamen die meisten jungen Menschen samstags ums Leben, gefolgt von den Sonntagen. 2020 wurden meisten jungen Leute sonntags tödlich verletzt (68 = 20,86 Prozent). Auch hier dürfte der Grund in der Pandemie zu finden sein. Der Lockdown hat das Freizeitverhalten junger Menschen massiv eingeschränkt und verändert.
Die tageszeitliche Verteilung der getöteten 18- bis 24-Jährigen zeigt einen deutlichen Zusammenhang mit ihrem Freizeitverhalten. In den Abend- und Nachtstunden sind junge Erwachsene überproportional betroffen. In der Zeit zwischen 19 Uhr abends und 5 Uhr morgens verunglückten 27,5 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, aber nur 13,6 Prozent der übrigen Altersgruppen. Noch dramatischer ist der Unterschied bei den Getöteten: Zwischen 19 Uhr abends und 5 Uhr morgens starben im Jahr 2020 41,4 Prozent der 363 getöteten jungen Erwachsenen, während der entsprechende Anteil der übrigen Altersgruppen nur 21,8 Prozent betrug.
Discounfälle
Kombiniert man Wochentage und Tagesstunden, zeigen sich zeitliche Konzentrationen. Fast jeder sechste (15,3 Prozent) im Jahr 2020 bei Verkehrsunfällen getötete 18- bis 24-Jährige kam in den späten Abend- und Nachtstunden des Wochenendes ums Leben! Diese Unfälle, die sich freitags und samstags von 22 bis 24 Uhr sowie samstags und sonntags zwischen 0 und 7 Uhr ereignen, sind unter dem Namen Discounfälle zu trauriger Bekanntheit gelangt. Bei den anderen Altersgruppen verunglückten in diesen 18 Stunden nur 4,6 Prozent der im Verkehr ums Leben Gekommenen tödlich.
Art der Verkehrsbeteiligung
Bei fast zwei Dritteln aller Verkehrsunfälle waren junge Erwachsene als Fahrer oder Mitfahrer mit dem Pkw unterwegs, gut 16 Prozent verunfallten mit dem Fahrrad. 8,77 Prozent kamen auf dem Roller, Moped oder Motorrad zu Schaden.
Bei den tödlichen Unfällen ergibt sich ein anderes Bild: Extrem betroffen sind hier motorisierte Zweiradfahrer. Jeder vierte Verkehrstote war 2020 auf dem Roller, Moped oder Motorrad unterwegs. Fast zwei Dritte der Getöteten saßen als Fahrer oder Beifahrer in einem Pkw.
Gender – Junge Männer gefährdeter als junge Frauen
Junge Männer verunglücken häufiger als junge Frauen. Von den in 2019 Verunglückten waren 28.825 männlich und 21.380 weiblich. Das macht bei den Männern einen Anteil von 55,44 Prozent.
Deutlicher wird ihr Anteil, betrachtet man die schweren Verkehrsunfälle mit Getöteten. Gut vier Fünftel der im Straßenverkehr getöteten jungen Erwachsenen bis 24 Jahre waren männlich (267, 81,90 Prozent), nur 18,10 Prozent weiblich (59)! Bei den Pkw-Verkehrstoten in diesem Alter ergibt sich ein ähnliches Bild: Drei Viertel waren Männer, nur gut ein Viertel Frauen.
Beteiligte und Hauptverursacher
Junge Fahrer sind nicht nur überproportional in Unfälle verwickelt, sie verursachen sie auch überproportional. Fast ein Fünftel (18,6 Prozent) aller Pkw-Unfälle mit Personenschaden wurde von 18- bis 24-Jährigen verursacht. Überdurchschnittlich häufig trugen sie die Hauptschuld: 65,5 Prozent der unfallbeteiligten jungen Pkw-Fahrer wurden 2020 von der Polizei als Hauptverursacher eines Unfalls mit Personenschaden eingestuft. Besonders die 18- bis 20-jährigen Fahranfänger fielen auf; 69,7 Prozent der unfallbeteiligten Fahrer dieser Gruppe waren auch Hauptverursacher des Unfalls (Anfängerrisiko). Von den 21- bis 24-Jährigen trugen 62,2 Prozent die Hauptschuld am Zustandekommen des Unfalls.
Auch hier spielt das Geschlecht eine Rolle: 68,7 Prozent der männlichen, aber „nur“ 60,9 Prozent der weiblichen 18- bis 24-jährigen Unfallbeteiligten galten als Hauptverursacher eines Unfalls.
Das Geschlecht hat auch Auswirkungen auf die Schwere der Unfälle: Die von jungen Fahrerinnen verursachten Unfälle waren meist weniger folgenschwer. Je 1.000 Unfälle mit Personenschaden, bei denen eine junge Frau Hauptverursacherin war, verunglückten 1.421 Personen, davon wurden 6 Personen getötet und 197 schwerverletzt. Bei den von jungen Männern verursachten Unfällen verunglückten je 1.000 Unfälle mit Personenschaden 1.432 Personen, davon wurden 14 Personen getötet und 225 schwer verletzt.
Unfalltyp
Jeder vierte von einem jungen Pkw-Fahrenden verursachte Unfall mit Personenschaden war ein „Fahrunfall“ (7.634; 26,2 Prozent). Das sind Unfälle, bei denen der Fahrer ohne Fremdeinfluss die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Sie sind meist besonders schwer. So starben 174 der Getöteten bei von jungen Pkw-Fahrern verursachten Unfällen bei einem Unfall dieses Typs (55,1 Prozent).
Fast drei von zehn Unfällen mit Personenschaden waren „Unfälle im Längsverkehr“ (8.286; 28,4 Prozent). Das sind Unfälle, die durch Konflikte zwischen Verkehrsteilnehmern ausgelöst werden, die sich in gleicher oder entgegengesetzter Richtung bewegen. Dabei kamen 25,3 Prozent der 316 Unfalltoten ums Leben.
Unfallursachen
„Nicht angepasste Geschwindigkeit“ ist bei Jungen Fahrern auch 2020 mit Abstand die häufigste Unfallursache. Nach Polizeiangaben fuhr jeder sechste unfallbeteiligte Pkw-Fahrer dieser Altersgruppe zu schnell (16,0 Prozent). „Abstandfehler“ (13,7 Prozent) sind die zweithäufigste Unfallursache, gefolgt von „Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren“ (11,2 Prozent) und „Vorfahrt-/Vorrangfehler“ (10,1 Prozent). Weitere Unfallursachen waren „Falsche Straßenbenutzung“ (3,1 Prozent), „Einfluss von Alkohol“ (2,8 Prozent) sowie „Fehler beim Überholen“ (2,5 Prozent).
Bei den tödlich Verunglückten ergibt sich eine andere Gewichtung: Hier fallen drei Unfallursachen überproportional auf. Weit mehr als ein Drittel der 18- bis 24-jährigen Pkw-Fahrer verlor aufgrund „nicht angepasster Geschwindigkeit“ sein Leben (40,0 Prozent). Auf Platz zwei rangierte „falsche Straßenbenutzung“ (12,2 Prozent), gefolgt von „Alkoholeinfluss“ (6,1 Prozent).
„Nicht angepasste Geschwindigkeit“ ist bei den männlichen Pkw-Fahrern Fehlverhalten Nummer eins. 22,3 Prozent der jungen Männer fuhren 2020 zu schnell, „Abstand“ folgt auf Platz zwei (16,8 Prozent). Bei den jungen Fahrerinnen war es umgekehrt: 18,8 Prozent hielten nicht genügend Anstand, 17,3 Prozent der Fahrerinnen fuhren zu schnell. 2017 war „nicht angepasste Geschwindigkeit“ noch bei beiden Geschlechtern Fehlverhalten Nummer eins. Die Werte lagen früher weiter auseinander.
Alter und Leistung des Pkw
Einfluss auf die Unfallgefährdung Junger Fahrer haben auch die Fahrzeuge, mit denen sie unterwegs sind. Sie sind im Durchschnitt älter, teils technisch schlechter ausgestattet und unsicherer als die Fahrzeuge anderer Altersgruppen.
Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es auch bei den Fahrzeugen. Die Autos, in denen Frauen verunglückten, waren im Durchschnitt weniger leistungsstark als die der jungen Männer.
Alle Angaben nach Statistisches Bundesamt: „Verkehrsunfälle. Unfälle von 18- bis 24-Jährigen im Straßenverkehr 2020, 2021“.